Die Rekrutierung von IT-Talenten ist für viele Unternehmen eine aktuelle Herausforderung. Christian Dreischmeier, Teil unseres IT-Recruiting Teams, spricht im Interview über wertvolle Impulse für die Ansprache dieser Zielgruppe.
Christian, Du arbeitest schon seit vielen Jahren im IT-Recruiting. Was hat sich deiner Meinung nach in den letzten Jahren in diesem Bereich verändert?
Die größte Veränderung ist ganz klar und gilt im Grunde für den gesamten Arbeitsmarkt: Die Machtverhältnisse haben sich verschoben. Früher haben sich Kandidat:innen auf eine Stellenanzeige beworben – heute bewerben sich Unternehmen bei Kandidat:innen. Das gilt eigentlich schon mehrere Jahre, aber es ist besonders im viel vertretenen Mittelstand noch nicht überall angekommen. Gerade in der IT ist der Markt komplett kandidatengetrieben. Wer heute Entwickler:innen, Cloud-Architekt:innen oder Security-Spezialist:innen sucht, muss aktiv werden – und zwar nicht erst, wenn der Bedarf akut ist, sondern proaktiv, kontinuierlich und strategisch.
Viele Unternehmen setzen trotzdem nach wie vor auf klassische Anzeigen und warten auf Bewerbungen. Funktioniert das überhaupt noch?
In der Breite: nein. Es kann funktionieren, wenn die Arbeitgebermarke sehr stark ist – bei bekannten Tech-Unternehmen zum Beispiel. In einigen Bereichen gibt es aktuell auch viele suchende Junior-Profile, aber in der Regel bekommen Unternehmen entweder nur sehr wenige oder nicht ausreichend qualifizierte Bewerbungen. Wer wirklich passende IT-Fachkräfte gewinnen will, muss dahin gehen, wo diese unterwegs sind – digital, vernetzt und oft nicht aktiv suchend.
Kannst du ein Beispiel aus deiner Praxis geben, wie das in der Realität funktioniert?
Gerne. In einem meiner Projekte ging es zum Beispiel um die Besetzung einer Position als Cloud Architect – ein zentrales Profil mit Verantwortung für die Cloud-Infrastruktur einer komplexen Systemlandschaft. Der Kunde hatte bislang ausschließlich über Stellenanzeigen und Personalvermittlungen gearbeitet – ohne Erfolg. Active Sourcing war bisher kein Thema, in den Fachbereichen war das gar nicht bekannt. Innerhalb der HR-Abteilung gab es kein eigenständiges Recruiting und, wie so oft, lediglich Personalsachbearbeitende zum Schalten und Sichten von Stellenanzeigen. Wir haben dann vorgeschlagen, genau das zu tun: gezieltes, professionelles Active Sourcing.
Wie genau bist du dabei vorgegangen?
Zunächst haben wir ein sehr klares Anforderungsprofil erstellt, inklusive Anpassung der Stellenanzeige mit Informationen über anstehende Projekte, die Teamstruktur, sowie Employer-Value-Propositions, Remote-Optionen, Entwicklungsmöglichkeiten und auch anstehende Projekte. Dadurch haben wir individuell passende Kandidat:innen identifiziert und direkt angesprochen – und zwar mit einer persönlicher Nachricht, konkretem Bezug auf Projekte und handfesten Mehrwerten. Innerhalb von vier Wochen hatten wir mehrere qualifizierte Gespräche und nach sechs Wochen war die Stelle besetzt.
Und wie hat der Kunde reagiert?
Er war erstmal überrascht; nicht nur über die Schnelligkeit, sondern auch über die Qualität der Kandidat:innen. Heute gehört Active Sourcing für solche Positionen fest zum Recruiting-Repertoire des Unternehmens. Das Mindset hat sich verändert: Der Kunde hat verstanden, dass es nicht reicht, auf Bewerbungen zu warten. Man muss als Unternehmen auch sichtbar und ansprechbar sein, und zwar aktiv, professionell und authentisch.
Welche Plattformen nutzt du denn regelmäßig im IT-Sourcing?
Für Active Sourcing ist LinkedIn die erste Wahl – gut gepflegte Profile, viele Filtermöglichkeiten, hohe Aktivität. GitHub eignet sich hervorragend, um Entwickler:innen über ihre Projekte und Interessen zu identifizieren. Auch Stack Overflow, vor allem in der Kombination mit Employer Branding-Kampagnen, kann spannend sein. Darüber hinaus setze ich gerne auf Employee Referrals – wenn sie gut organisiert sind, bringen sie oft die besten Matches.
Wie wichtig ist dabei das Thema Candidate Experience?
Extrem wichtig. Der erste Eindruck zählt – und das ist oft schon die erste Nachricht auf LinkedIn. Standardtexte oder generische Anfragen schrecken ab. Wer dagegen zeigt, dass er sich wirklich mit dem Profil beschäftigt hat, Interesse an der Person hat und ehrlich kommuniziert, erhöht die Chancen enorm. Auch der weitere Prozess muss schnell, klar und transparent sein – sonst sind gute Kandidat:innen sofort wieder weg. Der telefonische Kontakt bewirkt Wunder!
Als Recruiting-Berater bist du ja häufig für Kunden im Einsatz und arbeitest mit unterschiedlichen Fachbereichen zusammen. Welche Rolle spielt hier die Zusammenarbeit mit Hiring Manager:innen?
Eine sehr große. Das beste Sourcing nützt nichts, wenn das interne Briefing schwach ist oder Entscheidungen im Prozess verzögert werden. Ich lege viel Wert auf eine enge Abstimmung mit dem Fachbereich: Wer wird wirklich gesucht? Was sind Must-haves vs. Nice-to-Haves? Wie läuft das Team? Wenn das klar ist, kann ich gezielt sourcen und auch glaubwürdig kommunizieren.
Welche Tipps würdest du einem Unternehmen geben, das sein IT-Recruiting verbessern möchten?
Erstens: Investiert in gute Vorbereitung. Ein sauberes Anforderungsprofil spart später viel Zeit. Zweitens: Werdet aktiv. Wartet nicht auf Bewerbungen, sondern sucht gezielt. Drittens: Nutzt externe Expertise, wenn ihr keine spezialisierten IT-Recruiter:innen im Haus habt. Gute Recruiter:innen bringen nicht nur Kontakte, sondern auch Tools, Erfahrung und Know-how mit. Und viertens: Stellt Candidate Experience über alles. Die besten Kandidat:innen gehen dahin, wo man sich am besten um sie kümmert – und das beginnt schon beim ersten Klick.
Christian Dreischmeier, IT-Recruiting Manager
Sie möchten selbst ein professionelles Active Sourcing aufbauen oder brauchen Unterstützung bei der Besetzung schwer zu findender IT-Rollen?
Dann buchen Sie sich doch einfach eine kostenfreie Beratung: